Report des ersten Forschungsjahres

Das KIRAMET-Konsortium ist erfreut, erste Ergebnisse aus dem Leitprojekt der Ausschreibungsschiene „KI für Recycling 2022“ mit der Community zu teilen. Im ersten Forschungsjahr wurde erfolgreich der Grundstein für die erfolgreiche Umsetzung der drei Use Cases und die Demonstration der im Rahmen des Projektes entwickelten Technologien gelegt.
Unsere bisherigen Erfahrungenim Bereich „KI für Recycling“ zeigen, dass es aufgrund der vielfältigen Herausforderungen noch viel zu tun gibt:
- KI steckt im Recyclingbereich noch in den Kinderschuhen, selbst wenn bereits vielversprechende Lösungen für die Praxis präsentiert wurden. Es prallen sehr unterschiedliche Welten und Disziplinen aufeinander. Es bedarf der Entwicklung einer gemeinsamen „Sprache“ als gemeinsame Basis und ein gegenseitiges Verständnis, was realistischerweise umgesetzt werden kann.
- Der Digitalisierungsgrad ist in der Recyclingbranche wenig fortgeschritten. Es gibt einige wenige Ausnahmen, die allerdings zumeist Insellösungen darstellen. Eine digitale Vernetzung ist eine notwendige Basis für die volle Potentialentfaltung von KI.
- Es sind keine oder nur wenige Daten für KI-Modelle für konkreten Anwendungsfälle vorhanden. Die vorhandenen Daten sind in der Praxis oft ungeeignet, da Objekte „Supermarktqualität“ aufweisen und in der Realität für das Training der KI-Modelle nicht anwendbar sind. Die Schaffung einer verwendbaren Datenbasis ist unabdingbar.
- Die für die KI-Modelle notwendige Datenakquise für das Training ist sehr zeitaufwändig, ebenso die Annotierung (Labeln) der Datensätze. Zudem muss einem bewusst sein: In der Recyclingbranche ändern sich Prozesse ständig und die KI-Modelle sind mit entsprechendem Aufwand laufend anzupassen.
- Daten befinden sich oft im Besitz bestimmter Stakeholder (z.B. Hersteller von Produkten), der Zugang für die Recyclingbranche eingeschränkt. Ein Datenaustausch entlang des Wertschöpfungskreislaufes ist notwendig, um als Recyclingbranche KI in der Praxis nutzen zu können.
- Es gibt einen großen Gap zwischen der „Recycling-“ und der „KI-Welt“. Das bestehende Equipment der Recyclingbranche ist oft nicht kompatibel mit der theoretischen Leistungsfähigkeit der KI-Modelle. Hier braucht es sehr kreative Lösungen für die Umsetzung von Schnittstellen, die Adaptierung und die Nachrüstung.
- Abfälle sind und bleiben extrem inhomogene Stoffe, selbst innerhalb von kontinuierlichen Abfallströmen bestehen große Unterschiede in der Qualität. Dieser Umstand erschwert die Trainings der KI-Modelle und erfordert besonders große Sorgfalt bei der Datenakquise.
- Eine praxistaugliche Anwendung verlangt eine solide Robustheit der KI-Modelle. Sie müssen unter realen Bedingungen funktionieren. In Recyclinganlagen sind die Bedingungen oft harsch und nicht ideal (z.B. Staub, schmutzige Förderbänder, Vibration der Anlagen, schwankende Durchsätze und Bandbelegungen). Erst die Einbindung aller Faktoren zeigt die realistische Anwendbarkeit von entwickelten KI-Modellen.

Unsere Aktivitäten für die drei Use Cases sind vielfältig:
Use Case 1 – „Qualitative Verbesserung von E40-Shredderschrott“
Die wesentlichsten Anforderungen an die Qualität der E40-Shredderschrotte wurde durch Workshops mit nationalen Stakeholdern definiert. Für die Sortierung von E40-Shredderschrott mit möglichst einfachen und kostengünstigen Lösungen wurde zunächst ein Annotierungstool (Fast Object Segmentation and Tracking Tools – FOST) entwickelt. Auf Basis der umfangreichen aufgenommenen Bilddaten wurden etwa 20 verschiedene CNN-Architekturen für die Erkennung von Kupferhältigen Shredderteilen trainiert und validiert. Jedes dieser Netzwerke wurde sowohl offline als auch inline auf seine Vorhersagegenauigkeit und Inferenzlatenz hin evaluiert. Mittlerweile wurde ein Prototyp für die Sortierung auf Basis des am besten funktionierenden KI-Modells gebaut. Daneben wurde eine mehrere Tausend Shredderteile umfassende Datenbank aufgebaut, die neben Bilddaten auch umfassende Metadaten (u.a. chemische Zusammensetzung auf Partikelebene) umfasst.
Use Case 2 – “Prozess- und Modellierungsumgebung für optimierte Prozessführungen (Digitaler Zwilling)“
In Use Case 2 werden die Art und Zusammensetzung des Inputmaterials mit Prozessparametern und der Bedarf der Verwerter miteinander verknüpft, um die optimalsten und vor allem kostengünstigsten Routen für bestimmte Metalle und Legierungselemente zu ermitteln. Für die Entwicklung der Prozess- und Modellierungsumgebung wurde mit großem Aufwand die Datenbasis im notwendigen Detailgrad erarbeitet. Hierzu wurden zwei plakative Produktgruppen (Geschirrspüler und Waschmaschinen) ausgewählt. Eine 3D-Simulation soll die realen Herausforderungen bei der Demontage von Abfällen zeigen. Die Arbeiten zur Erstellung einer Plattform, die mehrere Stakeholder miteinander vernetzen wird, wurden ebenfalls bereits gestartet.
Use Case 3 „Fahrzeuge der Zukunft“
Die Sammlung und Analyse von möglichen Datenquellen rund um den digitalen Produktpass (DPP) wurde im Wesentlichen abgeschlossen, wobei sämtliche Aktivitäten laufend gemonitored werden. Zudem wurde vorhandenes Experten-Wissen für Demontage und die reale Nutzung des DPP in der Praxis im Rahmen von Besichtigungen und Interviews mit Stakeholdern eingeholt. Auf Basis von Musterdatensätzen werden Schnittstellen und die Integration von DPP in der Praxis ausgelotet. Daneben wird auch der Einfluss von E-Fahrzeugen auf die Qualität der Shredder-Outputfraktionen erfasst. Die entsprechenden E-Fahrzeuge wurden bereits gesammelt und werden demnächst umfassend charakterisiert.
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