Vom Leben und Sterben eines Mammuts

Ein Wissenschaftsteam mit Leobener Beteiligung entschlüsselt detailreich die Lebensgeschichte eines Mammuts. Methode und Ergebnis sind so spannend, dass sie es aufs Cover von „Science“ gebracht haben.

Der Stoßzahn eines Mammuts erzählt seine Lebensgeschichte; sie handelt von langen Spaziergängen und einem hungrigen Ende. Lesen können wir diese Geschichte unter anderem aufgrund der Forschungsarbeiten von Priv.-Doz. Dr. Johanna Irrgeher und Univ.-Prof. Dr. Thomas Prohaska, Chemikern an der Montanuniversität Leoben. Gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den USA gelang es ihnen anhand von Strontiumisotopen, das Leben eines Mammut-Männchens nachzuzeichnen, wie es sich vor ca. 17.000 Jahren in Alaska abgespielt hat.

Lesen im Zahn der Zeit

Stoßzähne wachsen Schicht für Schicht. Diese Schichten geben Aufschluss über das Alter, ähnlich wie es die Jahresringe bei Bäumen tun. Doch das Wissenschaftsteam konnte aus dem Zahn noch viel weitreichendere Schlüsse ziehen: Strontiumisotope kommen in verschiedenen Gesteinsschichten in unterschiedlichen Verhältnissen vor. Dieser chemische Fingerabdruck einer Region überträgt sich auf die dort wachsenden Pflanzen und in weiterer Folge auf die Pflanzenfresser. Hat man eine Landkarte der Isotope, dann lässt sich von dem jeweiligen Verhältnis der Strontiumisotope in einer Schicht des Stoßzahns schließen, wo sich das Mammut zu diesem Moment seines Lebens befand.

Weitwandern für Einzelgänger

Mit der Analyse der Schichten des Stoßzahns können die eindrucksvollen frühzeitlichen Wanderrouten des Tieres nachvollzogen werden: Im Laufe seiner 28 Lebensjahre legte es eine Gesamtstrecke zurück, die beinahe für eine zweifache Erdumrundung gereicht hätte (70.000 Kilometer). Und selbst über die Lebensumstände wissen wir dank der Analysen einiges: Im Alter von 15 oder 16 Jahren änderte das Mammut seine Routen. Vermutet wird ein Lebenswandel ähnlich jenem heutiger Elefanten: Das Männchen musste wahrscheinlich in diesem Alter seine Herde verlassen und von dort weg als Einzelgänger sein Glück versuchen.

Leben und sterben in Alaska

In seinem letzten Jahr wanderte das Tier nur mehr wenig, Stickstoff- und Kohlenstoffisotope des Stoßzahns legen nahe, dass es letztlich verhungert ist. Ob dem eine Infektion oder eine Verletzung voraus ging, lässt sich nicht klären.
Es wird spekuliert, dass Klimaveränderungen zum Aussterben der Mammuts beigetragen haben. Eine Erwärmung hat auch das Nahrungsangebot verändert. Allerdings haben sich auch die Anzeichen verdichtet, dass der Mensch einen starken Anteil am Ende der behaarten Giganten hat.

Forschung verbindet

Irrgeher vom Lehrstuhl für Allgemeine und Analytische Chemie über den Leobener Beitrag zur Mammut-Biografie: „Unser Part lag darin, die analytischen Methoden in Alaska umzusetzen und die Daten zu validieren. Unsere Erkenntnis: Wissenschaft muss fächerübergreifend sein, um so etwas Großes zu schaffen. Das Team um Erstautor Mat Wooller war außerordentlich warmherzig und obwohl wir nur zwei Tage dort waren, verbindet uns mittlerweile nicht nur beruflich eine Freundschaft.“

Link zur Studie in Science.

https://science.sciencemag.org/content/373/6556/806

Online Live-Event für alle Interessierten

Das internationale Forscherteam präsentiert am 19.08.2021 um 20:00 Uhr (UTC +02) die Ergebnisse des wahrhaftigen Riesen-Projekts via Zoom.
Link: https://us06web.zoom.us/j/84133523030

Weitere Informationen

Priv.-Doz. Dr. Johanna Irrgeher
Lehrstuhl für Allgemeine und Analytische Chemie
Montanuniversität Leoben
Tel.: 03842 402 1204
E-Mail: johanna.irrgeher@unileoben.ac.at

Cover der Zeitschrift Science

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