Grünes Gas für die Steiermark

Studie der Montanuniversität Leoben beleuchtet Potenziale für die Gewinnung von „grünem“ Gas.

Aus Biomethan sowie aus holzartiger Biomasse (Biomethan und erneuerbares Synthetic Natural Gas (SNG)) könnten in der Steiermark jährlich bis zu 3470 Gigawattstunden Energie gewonnen und in das bestehende Gasnetz eingeleitet werden.

Zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2040 in Österreich sind tiefgreifende Transformationen des gesamten Energiesystems notwendig. Dies setzt neben der Umstellung auf eine Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen auch Klimaneutralität in den anderen, heute stark mit fossilen Energieträgern insbesondere Erdgas, versorgten Sektoren voraus. Dafür eignen sich unter anderem „grüne” Gase wie Biomethan oder Synthetic Natural Gas (SNG), die aus unterschiedlichen Reststoffen wie diversen biogenen Abfällen oder landwirtschaftlichen Reststoffen erzeugt und ins bestehende Erdgasnetz eingespeist werden können. Die Montanuniversität Leoben hat unter der Leitung von Professor Thomas Kienberger, Leiter des Lehrstuhls für Energieverbundtechnik, im Auftrag des Landes Steiermark und der Energie Steiermark eine Studie erstellt, die die erschließbaren Potenziale für die Erzeugung von „grünem" Gas in der Steiermark beleuchtet. In den Fokus gerückt wurde dabei die Gewinnung von Biomethan und Bio-SNG (Synthetic Natural Gas).

Einsatzstoffe Biomethan

Die zur Biomethan-Produktion berücksichtigten Stoffe können grundlegend in drei Kategorien eingeteilt werden: Abfälle, landwirtschaftliche Reststoffe sowie weitere Reststoffe:

  • Abfälle: Biotonnenabfälle, Küchen- und Speiseabfälle, Abfälle der Nahrungs- und Genussmittelproduktion, Organik im Restmüll, Einzel- und Mehrparteienkompost, Grünabfälle und Grünschnitt öffentlicher Flächen
  • Landwirtschaftliche Reststoffe: Getreidestroh, Maisstroh, Rapsstroh, Zuckerrübenblatt
  • Weitere Reststoffe: Wirtschaftsdünger der Nutztierhaltung, Energiepflanzen, Klärschlamm, Gärrest
Bio-SNG (Synthetic Natural Gas) aus holzartiger Biomasse

Durch die thermische Vergasung von ligninhaltiger Biomasse wie zum Beispiel Holz oder Holzabfällen kann Bio-SNG erzeugt werden, welches wie auch Biomethan ein Substitut zu fossilem Erdgas darstellt. Zur Potenzialberechnung wurde dafür der Zuwachs an holzartiger Biomasse herangezogen, wodurch im Sinne einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung der Waldvorrat nicht reduziert wird.

Zur Ermittlung der Potenziale haben Kienberger und sein Team einen mehrstufigen Prozess unter Einbindung von Stakeholdern durchgeführt. Basierend auf Literaturdaten und Erkenntnissen dieses Prozesses wurden dann die Potenziale sowie die Wirtschaftlichkeit der grünen Gase Biomethan sowie Bio-SNG aus holzartiger Biomasse berechnet. Auf diese Weise konnte eine Bandbreite erschließbarer (also technisch mögliche und zugleich wirtschaftlich sinnvoll erreichbare) Potenziale von 1783 bis 3473 GWh pro Jahr ermittelt werden, wovon zwischen 621 und 1311 GWh jährlich auf Biomethan sowie 1162 bis 2162 GWh jährlich auf Bio-SNG entfallen. Preislich bewegen sich die Gestehungskosten zwischen 0,81 (exkl. Substrataufbereitungskosten) und 15,09 ct/kWh.

Auch wenn das Potenzial in Relation zum Erdgasverbrauch in der Steiermark (2021: ca. 15,5 Terawattstunden) gering erscheint, sei es dennoch wichtig, es so gut es geht zu nützen, betont Ursula Lackner, Landesrätin für Klimaschutz und Energie. Hinzu komme, dass mit den weiterhin steigenden Preisen das wirtschaftlich sinnvoll erschließbare Potenzial weiter steigen werde, ergänzt Lackner.

Statements

Ursula Lackner, Landesrätin für Klimaschutz, Umwelt und Energie: „Um die Abhängigkeit von ausländischem Gas zu reduzieren und um die Klimaziele zu erreichen, müssen wir alle Möglichkeiten nützen und neue Wege gehen. Die Studie zeigt, dass das Grüngas ein zukunftsträchtiges Standbein beim Umstieg auf die Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen sein kann. Zugleich ermöglicht das Grüngas die weitere Nutzung der Gas-Infrastruktur im Sinne der Energiewende.”

Christian Purrer & Martin Graf, Vorstands-Duo der Energie Steiermark: „Angesichts der aktuellen, dramatischen Energie-Krise ist diese Grüngasstudie ein wichtiger Beitrag, um die Abhängigkeit von Erdgas-Importen in Zukunft zu reduzieren. Die Zusammenarbeit mit dem Land Steiermark und der Montanuniversität Leoben ist essentiell für die Entwicklung neuer Ansätze und zeigt auf, dass in der Steiermark das Potenzial besteht, in Zukunft einen erheblichen Teil des jährlichen Bedarfes an Gas regional und nachhaltig zu decken. Biogas, erneuerbare Gase und Wasserstoff können in absehbarer Zeit Erdgas zu 100 % substituieren, ohne dass technische Anpassungen in der bestehenden Gas-Infrastruktur bzw. bei den Gasverbrauchsgeräten gemacht werden müssen. Unser Pilotprojekt in Gabersdorf, in das wir über 10 Mio. Euro investiert haben, hat daher auch bundesweit große innovative Signal-Wirkung.”

Thomas Kienberger, Montanuniversität Leoben: „Die Erschließung grüner Gase stellt aus meiner Sicht einen wichtigen Teil der Energiewende dar. Der Einsatz dieser aus erneuerbaren Ressourcen gewonnenen Gase erscheint insbesondere dort besonders zielführend, wo keine anderen Alternativen bestehen. Insbesondere in der Industrie werden zukünftig hohe Bedarfe an erneuerbaren Gasen zu decken sein. Die erschließbaren Potenziale an grünen Gasen können dabei zwischen 23 und 45 Prozent des Endenergieverbrauchs an fossilem Erdgas der steirischen Industrie substituieren und somit einen wertvollen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.

Thomas Kienberger (Montanuniversität Leoben) Landesrätin Ursula Lackner, Energie-Steiermark-Vorstandsdirektor Martin Graf (v.l.). © symbol

Thomas Kienberger (Montanuniversität Leoben) Landesrätin Ursula Lackner, Energie-Steiermark-Vorstandsdirektor Martin Graf (v.l.). © symbol

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